Fondazione Hermann Hesse Montagnola
Religion
Als Sohn pietistischer Missionare, die vor seiner Geburt beide in Indien tätig waren, kam Hesse schon früh mit der indischen Kultur und Religion in Berührung. Sein Leben lang setzte er sich mit seiner christlichen Herkunft, mit der Bedeutung und den Botschaften Jesus auseinander. Schon um 1900, als 23-jähriger, entwickelte Hesse ein lebhaftes Interesse für den heiligen Franz von Assisi, das man in seinen Romanen Hermann Lauscher und Peter Camenzind erkennen kann und das 1904 in der Monographie Franz von Assisi seinen Ausdruck findet.

Hesse studierte indische theologisch-philosophische Texte wie die Upanishaden und die Bhagavad Gita, beschäftigte sich mit dem Brahmanismus und drang in die Lehre Buddhas ein. Die Weisheit und die Tiefe dieser Lehren, ihr Glaube an das göttliche Selbst in jedem einzelnen, haben Hesse stark beeinflusst und sind in vielen seiner Werke, wie z.B. Demian, Klein und Wagner und vor allem Siddhartha dichterisch verarbeitet.

Als Hesse etwa 30 Jahre alt war, begann er sich darüber hinaus intensiv mit den chinesischen Lehren zu befassen, angeregt von seinem Vater Johannes, der ihn auf Lao-Tse aufmerksam machte. Es folgte das Studium der chinesischen Literatur in all ihren Ausprägungen: neben Lao Tse Die Gespräche von Konfuzius, die Gleichnisse des Dschuang Dsi, zogen auch das Orakelbuch des chinesischen Altertums I Ging und die klassischen Dichter Li Tai Pe und Thu Fu Hermann Hesse in ihren Bann.
Der Einfluss des chinesischen Taoismus, die Lehre von der bipolaren Einheit des Lebens, das sich ständig in Wandlungen und Verwandlungen befindet, ist im Werke Hesses unübersehbar. Aber auch Konfuzius mit seiner eher strengen Staats- und Sittenlehre wurde vor allem vom älteren Hesse zunehmend geschätzt und fand Eingang in sein literarisches Schaffen.

«[…] Ich suchte das zu ergründen, was allen Konfessionen und allen menschlichen Formen der Frömmigkeit gemeinsam ist, was über allen nationalen Verschiedenheiten steht, was von jeder Rasse und von jedem Einzelnen geglaubt und verehrt werden kann.»
Aus einem Brief Hermann Hesses an einen persischen Leser, 1958.

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